Inspiriert durch Ian McDonalds: Tendélo's Story
Mein Name ist Iana, ich möchte euch gerne meine Geschichte erzählen, sie spielt nicht auf der Erde, sondern im weitentfernten Tanduhra-System. Als die Menschen wieder zu wandern begannen, entdeckten sie einen blauen Planeten, der ihrer Erde sehr ähnelte. Dort ließen sie sich nieder, um wieder sesshaft zu werden.
Der Planet, mit Namen B5902 unterschied sich von der Erde hauptsächlich von seiner Vegetation. Er hatte so ziemlich die gleiche Entfernung zu der Sonne des Systems wie es bei der Erde und Ihrer Sonne der Fall war. Rund um den Äquator lebten an Land und unter Wasser kleinste Mikroorganismen, die untereinander kooperierten und alles bedeckten. Man kann es schlecht erklären, wenn man es nicht mit eigenen Augen gesehen hat. Die kleinsten Organismen sind so zahlreich, das sie für das menschliche Auge sichtbar sind. Sie legen sich wie eine zweite Haut über die Landschaft und formen diese wieder um, geben ihnen eine neue Farbe. Dort siedelten die Menschen nicht, sie hatten angst davor, da die Mikroorganismen alles überwucherten und man nicht wusste, was Menschen darin passieren würde. Einige Wissenschaftler siedelten am Rande um die Lebewesen zu erforschen. Die Organismen lebten nur in den warmen Regionen, in den gemäßigten Gebieten kamen sie nicht vor. Die Siedler fanden also für sich genügend Platz.
50 Jahre nach der Ankunft wuchsen schon die ersten Millionenstädte aus der Erde und ich wurde geboren. Ich hatte aber nicht wie ihr, Eltern oder eine Mutter, die mich zur Welt brachte, ich wuchs in einem Biotank auf, gezüchtet aus einer genmanipulierter Eizelle und Sperma.
Mit 20, nachdem ich Sozialisiert wurde, kam ich in eine Siedlung von Wissenschaftlern, um ihnen bei der Arbeit zu helfen. In den Laboren wurden die verschiedensten Tests mit den Kleinstorganismen gemacht. Man untersuchte verschiedenste Materialien, die die Lebewesen nicht befallen konnten, damit die Menschen die fremde Welt zu betreten vermochten.
Es war ein unglaublicher Eindruck, als ich das erste mal, die Lebewesen sah. Ich kannte es zwar schon aus dem Tv, aber nur jetzt schien es mir real. Es sieht aus, wie von einem Künstler geschaffen, die allermöglichsten Farben, bizarre Bäume in Violetten Tönen, Berge in Regenbogenfarben, mannshohes Gras in Rot und Blau. Riesige Türme und abstrakte Gebilde, wie Termitenhügel, Blüten nur aus Mikroorganismen bestehend. Je wärmer es war, umso bunter und abstrakter wurde die Materie und veränderte in regelmäßigen Perioden die Landschaft. Man sagte mir, das sich die Kleinstlebewesen, auch durch die Luft verteilten, wie Blütenpollen und das man nicht zu nah rangehen durfte, weil man sie einatmen konnte oder auf die Haut bekam. Bei Wind, näherten wir uns nie den Orgas, wie wir es nannten.
Bald hörte ich von den Wissenschaftlern auch Geschichten und Gerüchte über Menschen, die in den Orgas leben sollten oder qualvoll darin umgekommen sind. Wie es nun mal so ist, kamen solche Erzählungen, wenn Menschen vor etwas unbekannten stehen und nicht wissen wie sie darauf reagieren sollen.
Militär war auch bei uns stationiert. Sogenannte Elitetruppen, die im Ernstfall alles evakuieren und das Gebiet großräumig absichern würden. Diese Elitetruppen waren totale Kampfeinheiten, durch verschiedenste Drogen wurden ihre Instinkte und Triebe unterdrückt. Man lies sie die verschiedensten Übungen und Einsätze für Notfälle durchführen um sie unter Kontrolle halten zu können. Natürlich wurden die Drogen, die sie aggressiver, konzentrierter und schmerzunempfindlicher machten, auf geringer Dosis gehalten, wenn sie nicht im Einsatz waren, konnten aber jederzeit, durch in den Kampfanzügen gebaute Schläuche und Drainagen in Sekunden, sie zu unbesiegbaren Kämpfern machen.
Ich hielt mich fern von den Kasernen und Soldaten, viele von ihnen waren wie ich in Biotanks herangezüchtet worden. am liebsten war ich in der Gesellschaft von Keys, er war Wissenschaftler und ich arbeitete viel mit ihm zusammen. Er war Ende 20 und hatte immer ein lächeln auf den Lippen. Daran musste ich mich erst gewöhnen, zwar hatte man mir bei der Sozialisierung beigebracht zu lachen und Emotionen auszudrücken, doch in Wirklichkeit, tat ich mich schwer damit. Ich war bis zu meinem 15. Lebensjahr im Tank, man begann aber schon zuvor durch Bilder und Filme, die direkt in mein Hirn gesendet wurden mich als Mensch herauszubilden. In 5 Jahren musste ich das lernen und in mir aufnehmen, wo natürlich geborene Kinder eine Ewigkeit zeit hatten.
Oft erwischte ich mich selber dabei, die Mimik und Gefühlsregungen anderer zu analysieren und nachzumachen. Aber wenn andere über etwas aus vollem Bauch lachten, gelang es mir nur meinen mund zu einem kleinen gequälten lächeln zu verziehen. Ich war viel zu unsicher.
Keys brachte mich das erste mal richtig zum lachen, ich weiß schon gar nicht mehr genau worum es ging, aber ich hatte ewig gelacht und konnte gar nicht damit aufhören und krümmte mich schon und hielt mir den Bauch. Ich glaube, ich habe damals die anderen Wissenschaftler damit ziemlich erschreckt, aber bald fingen alle an zu lachen.
Dr. Keys Tennor, wie er mit vollem Namen hieß, hatte ein Material gefunden, das von den Orgas in ihren ausbruchssicheren Glasbehältern nicht überwuchert wurde. Bald fertigte man damit den ersten Prototyps eines Anzuges her und testete an Dummies, in mannshohen Glaskäfigen, ob das Orgas einen weg ins innere finden würde. Alle Tests verliefen positiv und dann kam ich ins spiel. Ich war die Erste, die den Anzug tragen sollte, natürlich erst im Labor in so einem Glaskäfig. Der Anzug hatte ein in sich zirkuliertes Sauerstoffsystem und war durch eine Membranhaut, die Schweiß und geringe Mengen Abluft nach außen brachte, aber nichts nach innen ließ, ein in sich arbeitendes System.
Ich war ziemlich aufgeregt und hatte auch angst, als ich die Ausrüstung anzog, doch Keys sprach mir gut zu. In der Luftschleuse vor dem Glaskäfig war es eh zu spät um noch einen Rückzieher zu machen. Ich drehte mich noch einmal um, merkwürdigerweise, war das Militär auch da und stieg in den Glasbehälter mit dem Orgas. Ich dachte mir, das sie wahrscheinlich an den Anzügen für ihre Einsätze interessiert wären. Adrenalin schoss mir durch den Körper und ich hörte mein Herz klopfen, verschiedenste Sensoren nahmen meine Biowerte und Werte der Organismen auf. Verunsichert stand ich noch an der jetzt geschlossenen Luftschleusentür, bis mir über funk gesagt wurde, mich dem Orgas, das sich noch nicht ganz im Behälter ausgebreitet hatte zu nähern. Langsam ging ich darauf zu und setzte einen Fuß auf die Knetmassenähnliche Substanz. Sie schien weich und fest zugleich, als ob sie sich mir und meinem Gewicht anzupassen schien. Bald stand ich ganz darauf und bückte mich um sie mit den Handschuhen zu betasten. Nun schien sie mir nicht einmal mehr gefährlich oder beängstigend. Ich bekam Anweisungen mich hinzusetzen und hinzulegen um den Anzug ausreichend zu testen. Nach einer Stunde holte man mich wieder unversehrt raus. Ich musste mich gründlich untersuchen lassen gleichzeitig wurde der Anzug selbst auch überprüft. Man gratulierte Keys zu seinem Erfolg und fragte mich nach den Erlebnissen mit dem Orgas. Danach kamen noch mehr Tests, ich musste 24 Stunden im Anzug ausharren und ein paar mal auch auf einem Rad meine Leistungsfähigkeit im Anzug erproben und ob das Orgas darauf irgendwie reagierte. Alle Versuche verliefen positiv und man plante schon einen versuch in der Natur. Ich war guter Dinge, da ich das Orgas nicht mehr als gefährlich einschätzte und drängte sogar darauf das Experiment so schnell wie möglich zu starten. Nach 2 Wochen startete Keys den Test. Für mich waren die Voruntersuchungen schon Routine und ich schlüpfte ungeduldig in den Anzug. Genau nach Zeitplan stieg ich aus dem fahrbaren Lab, das extra für das Orgas entwickelt wurde, um sich ihm besser nähern zu können, auf die Organische Oberfläche. Nach einer Stunde hatten die Wissenschaftler erst mal genügend Daten und ich konnte wieder in das Lab. Es war unglaublich in der Vegetation umherzuwandern, natürlich nicht zu weit vom Lab entfernt. Ich fasste alles neugierig an und lies die bunten Farben und Formen auf mich wirken. Ich sah das pollenartige Orgas, das durch die Luft schwebte. Bald folgten wieder die üblichen Belastungs- und Langzeittests.
Ich sprach oft mit Keys darüber, wie ich die Orgaswelt empfand und versuchte ihn auch zu erklären das ich es für ungefährlich hielt. Natürlich war er anderer Meinung doch notierte er sich alles mit und fügte es seinen Expiermimentenunterlagen bei. In dieser Zeit kamen wir uns auch näher, doch hatte ich angst davor und zog mich wieder zurück.
Dann geschah bei einen der Tests das unausweichliche, es veränderte alles und brachte mich auch in Gefahr.
Meine Aufgabe bestand darin 24 Stunden im Orgas zu bleiben, ich durfte zur Nahrungsaufnahme und für andere Geschäfte zurück ins Lab, doch sollte ich so wenig wie möglich das nutzen. Ich war durch Funk mit den Forschern im Lab immer verbunden, sie hatten mir einen Sender eingebaut wo sie mich mit orten konnten, Keys erlaubte mir dadurch mich weiter wegzubegeben und mehr zu erkunden. Der Tag verging viel zu schnell, ich lief die ganze Zeit umher, musste alles berühren wie ein viel zu neugieriges Kind. Als es dunkel wurde, suchte ich mir ein gemütliches Plätzchen unter einem Orgasbaum und legte mich zum schlafen hin. Kurz davor war ich noch im lab um die nacht ungestört zu verbringen. Ich schlief wie ein toter die ganze Nacht durch und wurde erst durch undeutliche Funksprüche geweckt, ich blinzelte doch schien alles noch dunkel zu sein, Keys sagte mir unter ständigem rauschen, das ich vom Ortungssystem verschwunden war und fragte ob ich ihn hörte. „Keys, es ist mitten in der Nacht, ich habe so gut geschlafen! Ich habe mich nicht einen Zentimeter gerührt!“ entgegnete ich säuerlich. „Nacht? Es ist 10 Uhr in der früh und die Sonne scheint! Wo bist du?“ In seiner Stimme lag nun Panik und ich versuchte mich aufzurichten, doch stieß ich mit dem Helm an ein Hindernis und fing panisch an mit den Händen alles um mich rum abzutasten. Keys hörte mein Keuchen und versuchte zu erfahren was los war. „Ich bin eingesperrt! Ich komm hier nicht raus! Hilf mir Keys, bitte! Hol mich hier raus, ich bekomme keine Luft mehr!“ „Beruhige dich, Iana, wir haben deine Position von Gestern, wir werden dich rausholen, bloß lass uns zeit! Ich werde mit dir in Funkkontakt bleiben, ok?“
Ich stimmte verzweifelt zu und versuchte mich zu beruhigen, bis ich merkte das um mich herum Bewegung aufkam. ich gab es durch Funk durch und merkte wie er immer schlechter und unverständlicher wurde, bald ertönte nur noch ein rauschen. Aus Panik versuchte ich mich aufzurichten, stieß überall dagegen, versuchte mich durch die schwarze Wand rauszukratzen, doch es tat sich nichts. Ich schrie hysterisch um Hilfe, obwohl ich wusste, das mich niemand mehr hören kann. Ich hatte das Gefühl zu ersticken und wurde ohnmächtig. Irgendwann schreckte ich wieder hoch, doch es hatte sich nichts daran verändert, ich hatte sogar die Annahme, das sich die schwarze Wand immer mehr um mich schloss. Ich rief immer wieder die Zeitanzeige auf mein Visier und zählte die Qualvollen Stunden, in der Erwartung doch noch gefunden und gerettet zu werden. Als die Digitale Anzeige auf dem Visier Drei Uhr Nachmittags anzeigte, hatte sich mein Verdacht bestätigt, ich konnte mich kaum noch rühren, so eng umgab mich das Etwas. Ich hielt es nicht mehr aus in meinem Anzug.. ich fühlte mich mehr und mehr gefangen darin und da ich eh davon ausging zerquetscht zu werden oder zu ersticken, zog ich ihn mir langsam aus. Zuerst den Helm, ich bekam wieder etwas mehr Luft und schlüpfte auch aus dem restlichen Anzug. Die schwarze Mauer fühlte sich nicht mehr so bedrohlich und gefährlich an, sie war irgendwie weich und hart zu gleich und warm. Doch sie kam immer noch näher.
Nach 3 Stunden konnte ich mich überhaupt keinen Zentimeter mehr rühren, aber das machte mir nichts, ich fand mich damit ab und hoffte, das es schnell gehen würde.
Ich schloss meine Augen und wartete. Ganz plötzlich floss das Orga entgültig über mich, als wenn es eine Welle aus Wasser wäre, ich schluckte es, es ging durch meine Nase, es kam mir vor als ob es durch jede Pore in meinen Körper strömte. Durch den Schock verlor ich schnell das Bewusstsein.
Als ich wieder zu mir kam, war es immer noch dunkel, doch ich fühlte einen leichten Lufthauch auf meinem Gesicht.. ich sog erst mal Luft in mich ein und blinzelte und vernahm über mir ein Funkeln, es waren Sterne. Ich war wieder draußen und stöhnte vor Erleichterung, versuchte auf die Beine zu kommen, merkte dann, das mein Körper noch vom Orgas eingehüllt war und kämpfte mich langsam heraus. Den Anzug fand ich nie wieder, meine Unterwäsche war auch verschwunden. Zu dem Zeitpunkt beschloss ich erst mal zu warten, bis es Tag wurde um mich dann zurecht zu finden. Ich fand einen Orgasgebüsch wo ich mich drinnen versteckte, ich wollte nicht so entblößt entdeckt werden. Was war nur geschehen, mir gingen viele Fragen durch den Kopf, aber ich konnte eh nicht schlafen, ich hatte angst davor, wieder eingeschlossen zu werden. Ich versuchte mir darauf einen Reim zu machen, wieso wurde ich eingeschlossen? Sah mich das Orgas als eine Gefahr? Als ein Eindringling? Ich kam zu dem Schluss, das es eher nicht so war, sonst wäre ich jetzt nicht am Leben. Wahrscheinlich war der Anzug schuld. Wenn ich mir so überlegte war es ja ein Fremdkörper für die Mikroorganismen, es konnte darin nicht eindringen und sich damit nicht verbinden. Also hat es das mit aller Gewalt versucht.
Aber was war mit mir? Ich erinnerte mich wage daran, wie das Orgas in mich hineinflutete. Folglich konnte ich davon ausgehen, damit ‚infiziert’ zu sein. Was würde Keys unternehmen? Konnte ich überhaupt noch zurückgehen? Wenn dann würde man sie wohl für immer in einen Glaskäfig stecken, damit sie andere nicht ansteckte, man würde an ihr auch Tests machen. Sie hatte Angst. Was ist mit den Soldaten? Vielleicht würden die Elitetrupps auf sie schießen und Jagd auf sie machen. Sie fühlte sich hilflos und allein, doch weinen konnte sie nicht.
sachi - 2. Jan, 07:29